Organisierter Missbrauch

Das Verfassungsgericht – unabhängiger Erfüllungsgehilfe?

Man bewerfe Kandidaten mit Dreck, lautete der Vorwurf in einem Leserbrief. Natürlich können nur rechtsradikale Interessen dahinterstecken. Beweise liefert der Autor nicht. Dass Bundestagsabgeordnete ein Gewissen hätten – welch abstruser Gedanke! Friedrich Merz verstieg sich gar zu der Unterstellung, der Normalbürger interessiere sich überhaupt nicht für das Thema Bundesverfassungsgericht und dessen Zusammensetzung. Warum sollte er auch, schließlich handelt es sich hier doch nur um das Gericht, dass die Rechte der Bürger vor Übergriffigkeiten des Staats schützt. Zum Beispiel die Meinungsfreiheit, wenn Innenministerinnen unliebsame Kritik unter Strafe stellen wollen. Oder wenn Ministerien Geldgeschenke an NGOs auf Nachfragen plötzlich zur Verschlußsache (sorry, aber »sss« sieht sch… aus) erklären! Das geht uns aber auch nun wirklich nichts an, wofür unsere Steuergelder ver(sch)wendet werden.

Seltsamerweise sind es auch CDU-Minister, namentlich Herr Wadephul, die jetzt mauern und die Auskunft verweigern! Ja genau, Sie erinnern sich richtig – das ist dieselbe CDU, die vor der Wahl 551 diesbezügliche Fragen an die Regierung gestellt hatte. Aber was kümmere ihn sein Geschwätz vom gestern, habe ich den »Alten von Rhöndorf« noch im Ohr: »Dat wolle mer jet jarnit so jenau wisse!« – In meiner niederreinischen Heimat bekommt man für derartige Dreistigkeit gerne mal eine verbale Rückhand: »Sischer dat, wat dann noch!?« Nein, so geht das nicht! Wenn ich schon den Deckel zahlen soll, dann darf ich auch wissen, wer wieviel getrunken hat!

Zurück zum fraglichen Leserbrief – worin dieser Dreck besteht, blieb der Autor schuldig. Letztlich wurden beide Aspirantinnen mit ihren Aussagen konfrontiert. Frau Brosius-Gersdorf schockiert Christen mit ihren Ansichten zur Menschenwürde und Frau Kaufhold befürwortet, dass Unternehmen durch die Überhäufung mit Klagen »diszipliniert« werden sollen – nicht etwa durch rechtskräftige Urteile! Ich weiß ja nicht, was der Leserbriefschreiber für eine Rechtsauffassung hat, meinem Rechtsempfinden läuft bei solchen Aussagen ein eisiger Schauer über den Rücken. Richter am höchsten deutschen Gericht sind der unvoreingenommenen Neutralität verpflichtet und müssen über jeden Zweifel erhaben sein! Wer sich mit Aussagen von Brosius-Gersdorf und Kaufhold näher befasst – offensichtlich tun das zu wenige, die mitreden –, dem müssen zwangsläufig Zweifel an der Eignung beider Kandidatinnen kommen. Das hat mit Dreckwerfen nichts zu tun.

Zu guter Letzt, wenn einem keine stichhaltigen Argumente einfallen, rettet man sich in Verschwörungsfantastereien: dunkle Mächte bedrohten »unsere« Demokratie! Ich mach jetzt mal ein anderes Fass auf: qui bono? Wem nützte es, wenn zwei links-grün orientierte Juristinnen in das Bundesverfassungsgericht aufgenommen würden, von denen zumindest eine ein Verbot der AfD ausdrücklich begrüßt? Haben linke Lobbygruppen etwa erkannt, dass man dem Bürgerwillen auf demokratischem Wege, sprich bei Wahlen, nicht mehr Herr werden kann? Wäre es denkbar und ist es nicht sogar wahrscheinlich, dass hier die größte Oppositionspartei auf außerparlamentarische Art und Weise »beseitigt« werden soll? Wem könnte das nützen? Sehe ich mir die aktuellen Umfragewerte von SPD und Grünen an und dann die von CDU/CSU und AfD – also mir würde ein Motiv einfallen. Nebenbei – ich hege größte Bedenken gegen die Gepflogenheit, im Sinkflug befindlichen Minderheitsparteien ein zweifaches Vorschlagsrecht zuzubilligen! Das ist nicht im Sinne einer Demokratie, die ausschließlich auf Mehrheiten beruhen sollte. 

 

GEA 26.7.2025
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