Der Entschließungsantrag der CDU zur Verschärfung der Migrationspolitik sorgte für Aufruhr. Lag seine Relevanz eher irgendwo zwischen Wahlversprechen und Neujahrsvorsätzen, steckte im Abstimmungsergebnis eine enorme politische Sprengkraft – es ging um nicht weniger als den Bestand der imaginären Brandmauer zur AfD! Die ist de facto Geschichte. Friedrich Merz soll sich da keinen Illusionen hingeben – ein bisschen schwanger geht nun einmal nicht! Ein Zurück hinter diese rote Linie gibt es nicht, mag er jede Zusammenarbeit mit den »Blau(n)en« noch so sehr ausschließen. Alea jacta est – der Würfel ist gefallen, der Rubicon überschritten! Zuvor noch denkbare Koalitionen mit den Scholz- und Habeck-Parteien erscheinen nach den rot-grünen Hasstiraden in weite Ferne gerückt.
Warum dieser Schritt zu diesem Zeitpunkt? Nun, einmal mehr und dann doch einmal zu viel beließ es der deutsche Kanzler nach einem Anschlag bei unverbindlichen Beileidsbekundungen. Er sagte zwar, dass es ihm nun reiche und ließ sich medienwirksam in einer Sicherheitsrunde ablichten, Taten jedoch blieb er schuldig. In diese Bresche drängte sein Konkurrent: er gehe »all in«, verkündete der CDU-Kandidat! Das klang nach Entschlossenheit, war aber höchst riskant! Denn Merz holte sich die ins Boot, denen er bislang jeden Handschlag verweigerte. Obendrein setzte er sich mit seiner Formulierung aus dem Zockermilieu dem Vorwurf aus, er »gamble« mit deutschen Sicherheitsinteressen wie in einer Pokerpartie – Donald Trump lässt grüßen.
War es ein geschickter Überraschungs-Coup? Geschickt – hm? Überraschung – ja! Zumindest lässt der rot-grüne Aufschrei vermuten, dass Merz eine selbstgerechte linke Elite auf dem falschen Fuß erwischt hat. Die hatte jahrelang alle Probleme kleingeredet, Ängste und Sorgen der Bürger ignoriert – und dann passierte Aschaffenburg! Und wieder ging es Rot-Grün reflexhaft nur um den drohenden Rechtsextremismus, den es zu bekämpfen gelte. Wobei der Begriff »Nazi« inzwischen inflationär allen unterstellt wird, die rot-grüne Dogmen infrage stellen. So bagatellisiert man den Holocaust und die anderen unzähligen Verbrechen der Nazi-Schergen! Es verwundert nicht, dass die Stimmung im Land gerade kippt und die AfD zum kleineren Übel mutiert. Das ändert man auch nicht mit dem Drangsalieren der Mitarbeiter in rechtswidrig besetzten CDU-Geschäftsstellen. Das, werte Antifas, nennt man Faschismus!
Zurück zu Merz – sein gegen rot-grün gerichteter Erpressungsversuch ging fehl. Diese hatten einen Tag Zeit, ihre Schreckensstarre abzuschütteln. Und so musste der sauerländische Biedermann ein weiteres Mal mit denen gemeinsame Sache machen, die er weiterhin wie politische Aussätzige behandeln möchte. Merz fand sich unversehens in den Seilen wieder und war auf die Stimmen von AfD, FDP und seiner Fraktion angewiesen! Frage: Sollten Abgeordnete guten Vorschlägen ihre Zustimmung verwehren? Wider besseren Wissens? Darf man Parteiinteressen über die des Staats und seiner Bürger stellen? Was ist moralischer? Das Richtige zu tun oder es zu verhindern? Entscheidend sollte sein, dass ein Vorschlag einen Missstand behebt und er rechtliche Normen einhält. Am Antrag der CDU war nichts zu beanstanden, er glich in allen Punkten Forderungen der SPD! Der ehemalige oberste Verfassungsrichter, Hans-Jürgen Papier, stellte einst fest, dass Deutschland ausschließlich (!) von sicheren Drittstaaten umgeben ist – mit den entsprechenden Rechtsfolgen für den Anspruch auf Asyl. Denjenigen, die sich in dieser Frage auf angeblich unverrückbare EU-Normen berufen, sei entgegnet: die haben Orban & Co. längst einkassiert!
Friedrich Merz mag sich winden, wie er will, für Mehrheitsbeschaffungen wird er entweder Kröten schlucken oder eherne Grundsätze über Bord werfen müssen. Indes, ich hege Zweifel an seinem Stehvermögen! Wäre Merz wirklich »all in« gegangen, hätte er mithilfe eines konstruktiven Misstrauensvotums die rot-grüne Resterampe von der Regierungsbank gestoßen! Als Kanzler hätte er Zurückweisungen an den Grenzen anweisen können – wenn schon Stimmenspenden von »denen da«, dann bitte konsequent! Aber dafür hätten viele ihre Angst vor der eigenen Courage überwinden müssen. Und so war der prüde Sauerländer dann doch lieber nur »ein bisschen schwanger«.