Diplomatische Verstimmung – Kein Sonderzug nach Kijiw

„Lass man stecken!“ – So ähnlich wird man es dem Bundespräsidenten über diplomatische Kanäle signalisiert haben, als er im letzten Moment noch auf den Sonderzug nach Kiew springen wollte. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben – und zu spät dran war Frank Walter Steinmeier nicht zum erstenmal in der Politik. Der ehemalige Kanzleramtschef und Minister hatte sich vor seinem Vorruhestand im Schloss Bellevue als verantwortlicher Politiker bei der Beurteilung des „lupenreinen Demokraten“ seinerzeit mehrfach folgenschwere Fehler geleistet. Dazu erschöpften sich seine Reaktionen zu Putins Verstößen gegen Menschen- und Völkerrrechte in angstvollem Gewährenlassen. Dafür zahlen er und wir jetzt die Zeche.

Das höchste Amt der Republik ist gleichzeitig das mit den geringsten Kompetenzen! Darum wollte schon Adenauer nicht auf dieses politisch tote Gleis, sondern lieber Bundeskanzler sein. Vielleicht hoffte man bei der SPD ja, Herr Steinmeier könne in einem rein repräsentativen Amt keine weiteren Imageschäden hervorrufen. Allerdings vergisst die Zeitgeschichte nichts – und manche unkonventionellen ukrainischen Politiker ebenso wenig. Was ist passiert? Ein Ex-Komiker hat konsequent und für Steinmeier schmerzhaft den Unterschied von präsidialer Macht und präsidialer Ohnmacht aufgezeigt. Man redet eben lieber mit Fritz statt mit Fritzchen. Das mag den Deutschen nicht gefallen, aber Steinmeier hat sich den Ring, an dem er jetzt von Russen und Ukrainern durch den diplomatischen Zirkus geführt wird, selbst durch die Nase gezogen.

Das politische Lexikon zeigt unter dem Begriff „Lame Duck“ nun also auch ein Foto des deutschen Präsidenten. Der deutsche Kanzler wird ihm demnächst folgen und (genauso selbstbestimmt) dasselbe Schicksal teilen. Olaf Scholz, der getriebene Zauderer, wollte bei der bei der „Tour de guerre“ mit angezogener Bremse die Bergprüfung bestehen. Das wird ihm den Applaus der Friedensaktivsten einbringen, aber kein Ansehen bei unseren politischen Nachbarn – und schon gar nicht Verhandlungsstärke gegenüber hochgerüsteten und kriegserfahrenen Despoten! Echte politische Führung, nämlich selbstbewusstes Vordenken und konsequentes Vorangehen welches über die eigenen Parteigrenzen hinaus reicht, gehört leider schon seit Längerem nicht mehr zum Anforderungsprofil deutscher Politiker.

Gestattet sei (m)ein abschließender Gedanke zu Inhabern von Amt und Würden: Die Person sollte das Amt zieren, nicht umgekehrt!

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